„Gut Ding will Weile haben“ – Interview mit dem Produzenten und Musiker Norbert Krüler von Shamall

30 Jahre Shamall - ein Bericht des Aller Weser Verlags

LANGWEDEL › „Gut Ding will Weile haben“, sagt Norbert Krüler und lehnt sich zurück. Ein Motto, das der international bekannte Musiker aus Langwedel offenbar seit 30 Jahren beherzigt hat, um mit „Shamall“ drei Jahrzehnte am heiß umkämpften und schnelllebigen Musikmarkt überleben zu können.

Red.: „Es gab in den vergangenen 30 Jahren eine rasante technische Entwicklung in der Musik-Produktion. Wurde es damit für Dich immer leichter?“

Norbert Krüler: „Als ich vor 30 Jahren angefangen habe, da war es viel einfacher.“

Red.: „Warum?“

Norbert Krüler: „Weil ich weniger hatte. Je weniger man hat, desto mehr musst du deinen Kopf anstrengen. Früher hatte ich einen Klang im Kopf, den gab es noch gar nicht. Also musste ich mir mehrere Klangerzeuger zusammenlegen, um innerhalb von mehreren Tagen genau diesen Klang zu erzeugen.
Heute stelle ich einen Kasten an und drücke auf eine Taste. Dann sind da so viele Klänge, die das Ganze überlagern, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich abstellen muss, damit ich das bekomme, was ich haben will.“

Red.: „Also bist Du im Studio mehr am Abstellen?“

Norbert Krüler: „Ja ich bin mehr am Abstellen als am Anstellen. Ich möchte doch auch noch für andere Instrumente Luft lassen. Ich finde es eher störend, das alles so voll ist.“

Red.: „Als was siehst Du Dich? Was machst du für Musik? Ist das Neo-Prog-Rock mit einem Hauch von Space-Rock?“

Norbert Krüler: „Die Musikzeitschriften brauchen immer irgendwelche Schubladen, in die sie dich für die Leser reinstecken können, um das ihren Lesern ungehört näher bringen zu können. Mein größtes Vorbild ist und bleibt  Pink Floyd. In diese Richtung werde ich immer mit einer eigenen Note arbeiten. Als Basis ist das eine gute Sache. Da es die Band so nicht mehr gibt ist es auch kein Verbrechen, ihre Musik in modernerer Form weiterleben zu lassen.“

Red.: „Welche Wege nutzt Du, damit Deine Musik bekannter wird?“

Norbert Krüler: „Progressive Musik hat einen besonderen Fankreis. Diese Leute würden nie Musik runterladen. Sie wollen Musik besitzen. Sie wird gesammelt.
Du musst nur in den interessanten Foren, in den sozialen Netzwerken, etwas streuen, dann geht das seinen Weg – wenn die Platte gut ist. Es liegt daran, wie man sein Produkt abliefert.
Shamall hat das Glück, nach 30 Jahren bekannter zu sein. Rückwirkend betrachtet waren es gute Entscheidungen, mehrere Male meinen Stil geändert zu haben.“

Red.: „Für wen machst Du Musik?“

Norbert Krüler: „In erster Linie für mich. Wenn ich Musik mache, dann denke ich nicht einen Moment an Geld. Du kannst keinen kreativen Output haben, wenn du dich selbst unter Druck setzt. Andersherum kannst du erwarten, dass deine Musik besser wird, wenn du dich von diesen Zwängen frei machst; dich weniger mit irgendwelchen Sachen auseinandersetzt und einfach nur um das Musik-machen kümmerst. Wenn ich beim Hören eine Gänsehaut bekomme, dann habe ich alles richtig gemacht.
Es gibt Tage, an denen ich aus dem Studio komme und mit einer Gänsehaut ins Bett gehe und welche, an denen ich genervt bin. Aber ich weiß, es kommt wieder der Tag, an dem werde ich einen Gänsehauttag haben.
Das ist die Intention, mit der ich das mache. 90 Prozent von denen, die Shamall hören, die hören das Gesamtwerk und denen geht es darum, ob es authentisch ist. “

Red.: „Hast Du schon einmal überlegt, alte Titel völlig neu aufzunehmen?“

Norbert Krüler: „Nein, denn wenn sie auf einem anderen technischen Niveau sind, dann haben sie ihren Charme nicht mehr. Man darf nicht vergessen, dass die Fans mit den Titeln Erinnerungen verbinden. Sie sind mit dem Original verwachsen. Ich würde den Leuten etwas wegnehmen, anstatt ihnen etwas zu geben. Sie spiegeln ihre Zeit wider.“

Red.: „Zum 30-jährigen Bestehen von Shamall ist Mitte des Jahres die Box „History Book“ mit insgesamt fünf CDs erschienen. Musstest Du die alten Stücke ein wenig aufbereiten?“

Norbert Krüler: „Das ist richtig. Beim Remastern bin ich subtil vorgegangen, um den Zeitgeist nicht zu zerstören. Ich habe mich auf die klangmäßige Gleichförmigkeit konzentriert. Die unterschiedlichen Alben waren ja unterschiedlich laut aufgenommen worden. Bei einer ,Collection’ wäre das für den Hörer fatal. Er müsste ja ständig die Lautstärke neu einstellen.“

Red.: „In den 30 Jahren sind insgesamt 18 Alben erschienen. Wie viel Zeit darf aus Deiner Sicht zwischen den Veröffentlichungen vergehen?“

Norbert Krüler: „Ein Album muss sich entwickeln. Wenn man jedes Jahr eine Platte macht, dann heißt es schnell, das sei zu kommerziell, das sei Fließband-arbeit. Der Abstand darf aber auch nicht zu groß sein, damit man nicht vergessen wird. Ich glaube, ich habe bisher alles richtig gemacht.
Die Box habe ich als Dankeschön für die Treue meiner Fans herausgebracht. Die fünfte CD ,Continuation’ besteht aus neuen Stücken kombiniert mit unveröffentlichtem Material des 2013 erschienenen Albums ,Turn off’.“ Die „Continuation“ kann man auch als einzelne CD kaufen.

Red.: „Warum?“

Norbert Krüler: „Ich habe auf den Wunsch einiger Fans reagiert. Sie hatten mir geschrieben, dass sie ja schon alle anderen Alben hätten und nur die ,Continuation’ fehlen würde. Deswegen gibt es sie auch als Einzel-CD.“

Red.: „Wann kommt ein neues Shamall-Album auf den Markt?“

Norbert Krüler: „Die nächste CD ist Ende des nächsten Jahres geplant. Denn nach der CD ist eben immer vor der CD und gut Ding will eben Weile haben.“

c/o Aller-Weser-Verlag, 09.10.2016

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